Heute nehmen wir uns ein Finanzierungsthema vor, das oft nach dem Motto „Klingt gut, nehm ich mit“ entschieden wird – ohne zu hinterfragen, ob es wirklich zur eigenen Situation passt:
Tilgungsfreie Jahre bei Unternehmenskrediten.
Viele Förderkredite oder langfristige Finanzierungen werben damit, dass du im ersten Jahr – manchmal auch zwei oder mehr – nur Zinsen zahlst und die eigentliche Rückzahlung auf später verschoben wird. Klingt bequem. Und manchmal ist es das auch.
Aber manchmal eben auch nicht.
Schauen wir uns das gemeinsam mal ehrlich an. 🔍
Was bedeutet „tilgungsfrei“ eigentlich?
Ganz einfach: Du bekommst das Geld, zahlst aber in den ersten Monaten oder Jahren nur die Zinsen, keine Tilgung.
Heißt konkret: Die monatliche Belastung ist deutlich niedriger – zumindest zu Beginn.
Diese Pause verschafft dir mehr finanziellen Spielraum, um z. B. ein Projekt zu starten, einen Standort aufzubauen oder einfach die Anfangsinvestition verdauen zu können.
Gerade Gründer oder wachsende Unternehmen freuen sich oft über diese Möglichkeit – und das völlig zu Recht. Aber: Diese Erleichterung hat einen Preis.
Die Vorteile: Mehr Luft am Anfang
Ich selbst habe bei einem KfW-Kredit von Anfang an ein tilgungsfreies Jahr gewählt – und es war Gold wert.
In der Aufbauphase zählt jeder Euro, der nicht sofort wieder zur Bank zurückfließt.
Du kannst mit dem Geld arbeiten, Liquidität aufbauen und dein Vorhaben ohne Rückzahlungsdruck starten.
Außerdem bekommst du dadurch oft einen besseren Puffer, falls dein Projekt sich etwas verzögert oder die ersten Monate holprig sind.
Kurz gesagt: Wenn du Zeit brauchst, bis dein Vorhaben Umsatz bringt, ist ein tilgungsfreies Jahr ein echter Joker.
Die Schattenseite: Höhere Belastung später
Was viele übersehen:
Wenn die Tilgung dann startet, ist sie oft deutlich höher, weil die Gesamtlaufzeit gleich bleibt.
Heißt: Du hast weniger Monate, um das Darlehen zurückzuzahlen – also musst du später höhere Raten stemmen. Und du zahlst insgesamt mehr Zinsen, weil sich die Rückzahlung verzögert.
Wenn du das nicht einplanst, wird es schnell eng – besonders, wenn dein Umsatz nicht wie erwartet wächst oder andere Kosten gleichzeitig steigen.
Mein Tipp: Nutze die Pause – aber sei vorbereitet
Ein tilgungsfreies Jahr ist kein Freifahrtschein zum Ausgeben.
Es ist ein strategisches Werkzeug. Wenn du es richtig nutzt – um zu investieren, zu stabilisieren oder neue Einnahmen zu erzeugen – kann es ein echter Vorteil sein.
Aber du musst wissen, was danach kommt.
Am besten planst du schon während der tilgungsfreien Zeit ein Polster ein, damit du die steigenden Raten ab Jahr 2 oder 3 problemlos bedienen kannst.
Und wenn du merkst, dass du länger brauchst? Dann sprich frühzeitig mit der Bank – manchmal lassen sich Laufzeiten anpassen oder Sonderregelungen finden.
Tilgungsfreie Jahre sind weder Fluch noch Segen – sie sind eine Option. Und wie bei jeder Option kommt es darauf an, wie du sie nutzt.
Sie können dir in der Anfangszeit den Rücken freihalten – oder dich später einholen, wenn du nicht vorbereitet bist.
Also: Rechne durch. Plane voraus. Und entscheide bewusst.
Hast du selbst schon mal einen Kredit mit tilgungsfreier Zeit genutzt?
Wie lief’s bei dir – war es die richtige Entscheidung? Ich bin wie immer gespannt auf deine Erfahrungen! 😊