Der unsichtbare Endgegner: Wie ich meinen Creditreform-Index von 320 auf 180 verbessert habe (Anleitung)

Veröffentlicht am 19. Dezember 2025

Letztes Jahr ist mir was Peinliches passiert. Ich wollte bei einem neuen Lieferanten auf Rechnung bestellen. Warenwert: Läppische 2.000 Euro.
Die Antwort kam per Mail: „Sehr geehrter Herr Alex, aufgrund unserer Richtlinien können wir Sie aktuell nur gegen Vorkasse beliefern.“
Rumms. Das saß.

Ich dachte erst, es liegt an meiner Nase. Aber dann dämmerte es mir. Ich habe sofort gegoogelt, was die über mich wissen. Das Stichwort war: Creditreform.
Für uns Unternehmer ist die Creditreform (oder auch Crif Bürgel) viel wichtiger als die private Schufa. Die Schufa ist für Handyverträge. Die Creditreform entscheidet, ob du Leasing bekommst, ob Lieferanten dir Zahlungsziele geben oder ob die Bank dir den Hahn zudreht.
Ich habe damals herausgefunden, dass mein Bonitätsindex bei 320 lag. Für die Nicht-Eingeweihten: Das ist „Mangelhafte Bonität“. Fast schon Ramsch-Niveau. Und das, obwohl ich meine Rechnungen bezahle!
Wie das passieren konnte und wie ich den Score innerhalb von 6 Monaten auf 180 (Sehr gute Bonität) poliert habe, erkläre ich euch jetzt. Denn diesen Fehler machen fast alle Gründer.

Was ist dieser „Bonitätsindex“ eigentlich?

Kurz erklärt: Das ist eine Zahl zwischen 100 und 600.

  • 100 – 149: Ausgezeichnet (Du bist quasi Bill Gates).
  • 150 – 199: Sehr gut (Lieferanten lieben dich).
  • 200 – 249: Gut (Standard).
  • Ab 300: Wird es kritisch. Ampel auf Gelb/Rot.
  • 600: Zahlungseinstellung / Insolvenz.

Mein Score von 320 hieß für die Welt: „Vorsicht, Alex zahlt vielleicht nicht.“

Schritt 1: Die kostenlose Selbstauskunft (Der DSGVO-Trick)

Viele denken, man muss Mitglied werden oder zahlen, um seine Daten zu sehen. Quatsch.
Dank der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) habt ihr das Recht, einmal im Jahr kostenlos eine Datenkopie anzufordern. Das gilt für Schufa UND Creditreform.
So geht’s:
Geht auf die Webseite der Creditreform (sucht nach „Art. 15 DSGVO Auskunft Creditreform“). Da gibt es ein verstecktes Formular. Personalausweis und Gewerbeanmeldung hochladen. Fertig.

Nach ca. 2 Wochen kommt ein dicker Brief.

Schritt 2: Die Fehler finden (Warum mein Score so schlecht war)

Als ich den Brief öffnete, fiel ich fast vom Stuhl. Was da drin stand, war teilweise uralt oder schlicht falsch geschätzt.

Mein Problem war:

Die Creditreform wusste fast nichts über mich.

  • Mein Umsatz wurde geschätzt (viel zu niedrig).
  • Meine Branche war falsch eingetragen (Risikoklasse „Baugewerbe“ statt „IT-Dienstleistung“ – Baugewerbe hat statistisch mehr Pleiten, also schlechterer Score!).
  • Es gab keine Infos über mein Eigenkapital.

Wenn Auskunfteien keine Daten haben, gehen sie vom „Worst Case“ aus. Sie raten einfach. Und sie raten meistens zu deinen Ungunsten. Das nennt man „Negativmerkmale durch Informationsmangel“.

Schritt 3: Die Offensive (Hosen runterlassen!)

Jetzt hatte ich zwei Möglichkeiten.

  1. Mich ärgern.
  2. Mit denen reden.

Ich habe beim lokalen Creditreform-Büro angerufen (ja, die sind regional organisiert). Ich habe gesagt: „Leute, eure Daten sind Müll. Ich stehe viel besser da.“
Der Berater war überraschend nett. Er sagte: „Dann beweisen Sie es uns.“

Das habe ich gemacht (und das solltet ihr auch tun):

  1. Jahresabschluss eingereicht: Ich habe meine letzte BWA und den Jahresabschluss freiwillig hingeschickt. Sobald die sehen, dass ihr Gewinn macht und Eigenkapital habt, schießt der Score nach oben.
  2. Branchenschlüssel korrigieren: Ich habe nachgewiesen, dass ich kein Bauunternehmer bin.
  3. Bankverbindung aktualisieren: Klingt banal, aber eine stabile, langjährige Bankverbindung gilt als Vertrauensbeweis.

Ein Wort zur Warnung:

Macht das nur, wenn eure Zahlen wirklich gut sind! Wenn ihr kurz vor der Pleite steht, schickt bloß keine BWA hin. Dann wird der Score noch schlechter. Aber wenn ihr gesund seid, ist Transparenz eure stärkste Waffe.

Schritt 4: Rechnungen pünktlich zahlen (Das Inkasso-Radar)

Was viele nicht wissen: Creditreform ist auch ein Inkasso-Unternehmen.
Wenn ihr bei einem großen Lieferanten (z.B. Büromaterial, Telekom) eine Rechnung vergesst und das ins Inkasso geht, landet das sofort in eurer Akte.
Ein einziger Inkasso-Eintrag – auch wenn es nur um 30 Euro geht – kann euren Score für Jahre ruinieren.
Mein Tipp: Richtet euch für alles Lastschriften ein. Oder nutzt Tools, die Rechnungen scannen und terminieren. Ein „Ups, vergessen“ ist im B2B-Geschäft tödlich für die Bonität.

Das Ergebnis: Endlich wieder Kreditwürdig

Drei Monate, nachdem ich meine Daten korrigiert und die Bilanz eingereicht hatte, bekam ich das Update.
Neuer Bonitätsindex: 182.

Plötzlich war alles anders:

  • Der Lieferant gab mir sofort 30 Tage Zahlungsziel.
  • Die Bank bot mir (ungefragt!) eine Erhöhung der Kreditlinie an.
  • Beim Leasing für den neuen Laptop sanken die Zinsen.

Pflegt eure Bonität wie euer Schaufenster

Wir kümmern uns um unsere Website, unser Marketing, unsere Produkte. Aber unsere Bonität lassen wir verrotten, bis es knallt. Das ist fahrlässig.
Macht es euch zur Routine: Einmal im Jahr die Selbstauskunft ziehen.

Prüft:

  1. Stimmt die Adresse?
  2. Sind alte, erledigte Kredite noch als „laufend“ drin? (Passiert oft, dass Banken das Löschen vergessen!)
  3. Stimmt der Branchencode?

Ihr seid keine Bittsteller. Ihr seid Geschäftspartner. Aber ihr müsst dafür sorgen, dass die Gegenseite auch sieht, dass ihr solvent seid.
Habt ihr schonmal in eure Akte geschaut? Was war der größte Quatsch, der da drin stand? Schreibt’s mir in die Kommentare – ich wette, ich bin nicht der Einzige mit falscher Branchen-Zuordnung!