Architekten zwischen Kreativität und Kapitalbedarf – Meine Finanzierungs-Tipps

Architekten gelten als kreative Köpfe, als Gestalter unserer gebauten Umwelt.
Doch hinter den Entwürfen, Modellen und Plänen verbirgt sich eine Realität, die sich zunehmend nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben richtet.
Denn ohne Kapital entsteht kein Raum – im wahrsten Sinne des Wortes.


1. Zwischen Entwurf und Bilanz

In Deutschland arbeiten rund 140.000 Architektinnen und Architekten, etwa zwei Drittel davon freiberuflich.
Der Beruf ist gesetzlich geschützt, aber wirtschaftlich kaum abgesichert.
Das Einkommen hängt direkt von Auftragslage und Projektgröße ab – in Spitzenzeiten lukrativ, in Flauten existenzbedrohend.
Gründungen und Selbstständigkeit sind die Regel, nicht die Ausnahme.
Doch damit steigt auch der Kapitalbedarf: Büroausstattung, Software, Wettbewerbe, Personal, Büroräume – alles will vorfinanziert werden.


2. Finanzierungsrealität

FinanzierungsbedarfTypische AnlässeKapitalvolumen (Ø)Häufig genutzte Finanzierungsquelle
Gründung / StartphaseBüroeinrichtung, Marketing, Website20.000 – 80.000 €KfW, Hausbank
ProjektvorfinanzierungHonorare nach HOAI erst bei Baufortschritt30.000 – 200.000 €Betriebsmittelkredit
DigitalisierungCAD, BIM, Visualisierungssoftware10.000 – 50.000 €Investitionskredit, Leasing
Expansion / PersonalMitarbeiter, Miete, Kooperationen50.000 – 300.000 €Hausbank / Bürgschaftsbank

Das Problem: Architekten verkaufen kein Produkt, sondern Dienstleistung – und diese wird erst bezahlt, wenn sie erbracht ist.
Viele Büros leben daher monatelang von Rücklagen oder Kontokorrentlinien, bis die Bauherren zahlen.


3. Finanzierungspartner: zwischen Verständnis und Formalität

Die meisten Architekten arbeiten mit regionalen Volksbanken, Sparkassen oder der Deutschen Bank zusammen.
Sie profitieren von Kenntnis der lokalen Märkte, stoßen aber oft auf standardisierte Bonitätsverfahren, die der projektbasierten Arbeit nicht gerecht werden.

Spezialisierte Programme bieten hier mehr Spielraum:

  • KfW-Unternehmerkredit (037/047) – für Büroausbau und Digitalisierung
  • ERP-Gründerkredit StartGeld (067) – bis 125.000 €, ideal für junge Büros
  • Bürgschaftsbanken der Länder – bei geringer Eigenkapitalquote

Wer hingegen auf schnelles Kapital setzt, findet bei Fintechs wie Finom oder iwoca moderne Alternativen – allerdings meist mit höheren Zinsen und geringer Laufzeit.


4. Liquidität – das unterschätzte Risiko

In kaum einem freien Beruf ist der zeitliche Versatz zwischen Leistung und Bezahlung so gravierend wie in der Architektur.
Honorare nach der HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) werden stufenweise gezahlt – oft über Jahre hinweg.
Zwischen Wettbewerb, Bauantrag, Ausführungsplanung und Abnahme können 24 Monate oder mehr liegen.

Ohne strategisches Liquiditätsmanagement drohen daher:

  • verspätete Gehaltszahlungen,
  • Stagnation bei Software und Technik,
  • Verlust von Wettbewerbsfähigkeit.

Viele Büros arbeiten daher mit Liquiditätsplänen und Fremdkapitallinien, um diese Zyklen abzufedern.


5. Neue Entwicklungen im Jahr 2025

Die Branche befindet sich im Wandel.
Drei Trends dominieren aktuell:

  1. Digitalisierung (BIM-Technologien): Zwingt kleine Büros zu Investitionen, die oft fünfstellige Beträge erreichen.
  2. Nachhaltiges Bauen: Neue Auflagen (KfW-Effizienzhaus, ESG-Kriterien) schaffen Chancen, aber erfordern Vorleistungen.
  3. Projektkonsortien: Architekten schließen sich zu temporären Arbeitsgemeinschaften (ARGE) zusammen – was Finanzierung und Haftung komplexer macht.

Banken reagieren zunehmend mit branchenorientierten Beratungsmodellen.
Volksbanken und die apoBank bieten inzwischen eigene Programme für „Freie Berufe im Bauwesen“ an.


6. Steuerliche und rechtliche Aspekte

Architekten gelten steuerlich als Freiberufler (§ 18 EStG) – keine Gewerbesteuerpflicht, aber volle Einkommensteuer.
Das ist vorteilhaft, erschwert aber die Kapitalbildung, da Gewinne unmittelbar versteuert werden.

Wichtige Steueroptimierungen:

  • Leasing oder Mietkauf für Hardware und Ausstattung,
  • Bildung von Investitionsabzugsbeträgen (§ 7g EStG),
  • gezielte Abschreibungen auf Software und Planungsgeräte.

Zudem müssen Architekten laut Baukammergesetz Berufshaftpflichtversicherungen vorweisen – ein zusätzlicher Fixkostenblock.


Architektur ist Leidenschaft, aber auch Liquidität.
Der Beruf verlangt Kreativität und Kapital gleichermaßen.
Wer wirtschaftlich erfolgreich sein will, muss sich vom romantischen Bild des „zeichnenden Idealisten“ verabschieden und die Rolle des Unternehmers annehmen.
Architekten brauchen Banken, die nicht nur Bilanzen, sondern Projekte verstehen.
Zwischen Bauplänen und Bankgesprächen liegt die eigentliche Architektur des Erfolgs.


 

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