Wenn die Hausbank abwinkt: Mein Selbstversuch mit digitalen Firmenkrediten (Erfahrungsbericht & Tutorial)
Kennt ihr dieses kalte Gefühl im Nacken, wenn das Finanzamt abbuchen will, aber der Großkunde sich mit der Zahlung mal wieder „ein paar Tage“ Zeit lässt? Genau in dieser Situation steckte ich letzten Monat. Wieder mal. Liquiditätsengpässe sind ja quasi der Endgegner für uns Selbstständige, egal wie gut die Auftragsbücher eigentlich gefüllt sind.
Normalerweise bin ich ja der klassische „Ich geh zu meiner Sparkasse“-Typ. Ich mag meinen Berater, wir kennen uns seit Jahren. Aber diesmal war alles anders. Und genau deshalb schreibe ich diesen Artikel für euch – denn ich habe mich in den Dschungel der digitalen Firmenkredite gewagt. Spoiler: Es ist eine ganz andere Welt als der Kaffee-Termin in der Filiale.
In diesem Beitrag zeige ich euch meine ungeschönten Erfahrungen, vergleiche die klassische Hausbank mit Fintech-Anbietern und gebe euch eine kleine Anleitung, wie ihr (hoffentlich) schneller an Geld kommt als ich beim ersten Versuch.
Das Problem: Warum die Hausbank 2025 oft keine Option mehr ist
Früher war das einfach. Anruf beim Berater: „Du, ich brauch mal kurz 20.000 Euro für Materialeinkauf.“ Antwort: „Klar Alex, mach ich fertig.“
Heute? Pustekuchen.
Als ich letzte Woche meinen Berater anrief, fing der plötzlich an, was von „Basel IV“, „neuen Risikoparametern“ und „Nachhaltigkeits-Scoring“ zu faseln. Versteht mich nicht falsch, Banken müssen sich absichern. Aber für mich als Unternehmer hieß das:
- Aktuelle BWA einreichen (hatte ich).
- Jahresabschluss vom letzten Jahr (hatte ich).
- Liquiditätsplan für die nächsten 12 Monate (uff…).
- Bearbeitungszeit: „Rechnen Sie mal mit 2 bis 3 Wochen, der Markt ist gerade schwierig.“
Zwei Wochen? In zwei Wochen steht mein Betrieb still, wenn ich das Material nicht vorfinanzieren kann. Ich brauchte eine schnelle Liquidität, keine BWL-Vorlesung.
Warum fallen wir durchs Raster?
Ich habe mich danach mal schlau gemacht (Suchvolumen für „Kredit abgelehnt Selbstständige“ ist übrigens riesig, ich bin also nicht allein). Die Banken sieben gerade gnadenlos aus. Wer nicht zu 110% ins Schema passt oder eine Branche hat, die gerade „zyklisch schwächelt“, fliegt raus oder wartet ewig.
Der Ausweg: Online-Firmenkredite und Fintechs
Ich habe also gegoogelt. Keywords wie „Firmenkredit ohne Schufa“ (ja, man ist verzweifelt) oder „Sofortkredit für Gewerbe“. Man landet dann schnell auf Vergleichsportalen oder bei Direktbanken.
Ich war skeptisch. Extrem skeptisch. Sind das Kredithaie? Zahle ich da 20% Zinsen?
Aber die Not frisst den Teufel, oder wie das heißt. Also habe ich es probiert. Ich habe mich für einen Test bei einem der bekannten Fintech-Anbieter entschieden (ich nenne hier mal keine Namen, um keine Werbung zu machen, aber sagen wir, es war einer der großen „Blauen“ am Markt, die mit i anfangen oder C).
Tutorial: So lief der Antragsprozess ab
Für alle, die das noch nie gemacht haben, hier mal der Ablauf, wie er sich von der Hausbank unterscheidet. Das ist wirklich krass.
1. Die Registrierung (Dauer: 5 Minuten)
Kein Termin. Einfach auf die Seite, „Kredit beantragen“ klicken. Die wollten wissen: Wie lange gibt es uns schon? Jahresumsatz? Wofür wird das Geld gebraucht? (Betriebsmittel).
2. Der Dokumenten-Upload (Dauer: 10 Minuten)
Hier wurde es interessant. Anstatt Ordner zu schleppen, konnte ich meine Kontoumsätze digital verknüpfen. Das nennt sich „Kontoblick“. Ein Algorithmus scannt das Geschäftskonto und checkt den Cashflow.
- Vorteil: Man muss keine BWAs von vor 6 Monaten raussuchen.
- Nachteil: Man lässt die Hosen komplett runter. Der Algorithmus sieht jede Abbuchung.
3. Die Identifikation
Ganz klassisch per Video-Ident. Hat etwas genervt, weil die Verbindung zweimal abbrach, aber immer noch besser als zur Filiale zu fahren und dort keinen Parkplatz zu finden.
4. Das Angebot (Dauer: 24 Stunden)
Und das ist der Punkt, der mich umgehauen hat. Am nächsten Morgen hatte ich eine Mail. Kreditgenehmigung über 25.000 Euro.
Der Realitätscheck: Zinsen und Konditionen
Jetzt müssen wir aber mal Tacheles reden. Natürlich ist das nicht alles Gold was glänzt.
Das Angebot der Online-Bank war da, ja. Aber der Zinssatz? Der lag bei knapp 9 %.
Meine Hausbank hätte mir (wenn sie denn gewollt hätte) vielleicht 5,5 % oder 6 % gegeben.
Das ist ein Aufschlag, den man spürt. Aber hier ist meine Rechnung als Unternehmer:
- Wenn ich den Auftrag nicht annehmen kann, verliere ich 10.000 Euro Gewinn.
- Wenn ich die höheren Zinsen zahle, kostet mich das über die Laufzeit vielleicht 800 Euro mehr.
Fazit: Die Opportunitätskosten waren höher als die Zinskosten. Ich habe das Angebot angenommen. Zwei Tage später war das Geld auf dem Konto.
Für wen lohnt sich das?
Nach meiner Erfahrung ist der digitale Firmenkredit perfekt für:
- Kurzfristige Liquiditätsengpässe.
- Unternehmer, die keine Lust auf Papierkram haben.
- Situationen, wo Geschwindigkeit wichtiger ist als der letzte Prozentpunkt beim Zins.
Er ist nichts für:
- Langfristige Investitionen (z.B. Immobilienkauf), da sind die Zinsen online oft zu hoch.
- Unternehmen, die wirklich kurz vor der Pleite stehen (die Algorithmen sind strenger als jeder Bankberater, was den Cashflow angeht!).
Meine 3 Tipps für euren Kreditantrag
Damit ihr nicht die Fehler macht, die ich fast gemacht hätte, hier meine Learnings:
- Räumt das Konto auf: Bevor ihr den digitalen Kontoblick zulasst, sorgt dafür, dass keine Rücklastschriften der letzten Tage drauf sind. Das ist ein K.O.-Kriterium für den Algorithmus.
- Vergleichen lohnt sich: Ich habe beim ersten Angebot zugeschlagen, aber im Nachhinein gesehen, dass Portale wie Compeon oder FinCompare einem die Arbeit abnehmen und bei mehreren Banken gleichzeitig anfragen. Nutzt das!
- Laufzeit kurz halten: Da die Zinsen höher sind, wählt eine möglichst kurze Laufzeit. Ich habe den Kredit nach 6 Monaten sondertilgen können (achtet darauf, dass kostenlose Sondertilgung im Vertrag steht!).
Hausbank oder Fintech? Hm…
Ich werde meine Hausbank nicht kündigen. Für die große Maschinenfinanzierung in zwei Jahren brauche ich sie. Aber für das schnelle Geld zwischendurch? Nie wieder diesen Papierkrieg.
Es fühlt sich einfach moderner an. Man wird als Kunde behandelt, nicht als Bittsteller. Klar, man zahlt dafür einen „Convenience-Aufschlag“ über die Zinsen, aber in einer Welt, die sich immer schneller dreht, ist Zeit nun mal Geld.
Habt ihr schon Erfahrungen mit Anbietern wie Iwoca, Teylor oder auxmoney gemacht? Schreibt mir mal in die Kommentare, ob bei euch alles glatt lief oder ob der Algorithmus euch abgelehnt hat. Würde mich echt interessieren, ob ich einfach nur Glück hatte.