Tagebuch eines Onlinehändlers – mein Leben zwischen Warenkorb und Kreditvertrag

Montag, 8:12 Uhr
Der erste Kaffee ist noch heiß, das Lager schon kalt. Ich überprüfe die neuen Bestellungen – 47 über Nacht. Klingt gut. Aber dann werfe ich einen Blick aufs Konto. Minus 2.843 €. Der Versanddienstleister zieht heute ab, und die Lieferanten wollen auch bezahlt werden. Willkommen in der Realität des Onlinehandels.

Dienstag, 14:45 Uhr
Ich spreche mit meiner Bankberaterin. Ich erkläre, dass ich stabile Umsätze habe, dass die Retourenquote unter 4 % liegt, dass mein Lagerbestand werthaltig ist. Sie nickt, freundlich, professionell – und dann sagt sie: „Aber Ihr Einkommen ist ja nicht fest, oder?“
Ich lächle. „Nein, es ist variabel – wie der Markt.“
Sie lächelt zurück. „Eben.“

Mittwoch, 10:03 Uhr
Ich öffne smava. Formular, Häkchen, Upload. Kein Smalltalk, keine Stirnrunzeln. Ich lade meine letzten Umsatzreports hoch. Zwei Tage später: E-Mail mit dem Betreff „Kredit genehmigt“.
Manchmal fühlt sich Digitalisierung an wie eine Befreiung.


Meine Gedanken zwischen den Zeilen

Onlinehändler leben in einem Rhythmus, den klassische Banken nie verstanden haben. Eine Woche Top-Umsatz, nächste Woche Flaute. Saisonabhängig, marktabhängig, manchmal auch einfach vom Algorithmus abhängig.
Wir brauchen Kredite nicht für Luxus, sondern um das System am Laufen zu halten – für neue Ware, für Verpackung, für Werbung.


Freitag, 18:27 Uhr
Ich sitze im Büro, zwischen Kartons, Rechnungen und halb gegessener Pizza. Draußen dämmert’s, drinnen summt der Etikettendrucker. Ich lehne mich zurück und denke:
Vielleicht ist ein Kredit gar kein Zeichen von Schwäche. Vielleicht ist er einfach nur der Atemzug, den man braucht, um weiterzumachen.


Onlinehändler jonglieren mit Geld, das sie oft noch gar nicht haben. Kredite sind kein Risiko, sondern Werkzeug – so wie das Warenwirtschaftssystem oder das Marketing-Tool.
Wenn ich eines gelernt habe: Warte nicht, bis das Konto rot ist, um dich zu kümmern. Plane voraus, handle früh – und such dir Partner, die dein Geschäftsmodell verstehen.


 

Schreibe einen Kommentar