Bank sagt Nein, Crowd sagt Ja? Wie ich 25.000€ für meine Rucksack-Idee auf Startnext eingesammelt habe

Kennt ihr das Henne-Ei-Problem bei neuen Produkten?
Ich bin Produktdesigner. Ich hatte diese fixe Idee für einen Rucksack, der komplett aus recyceltem Meeresplastik besteht, aber trotzdem aussieht wie ein High-Fashion-Teil. Ich hatte Skizzen, ich hatte Stoffmuster und sogar einen ersten, ziemlich hässlichen Prototypen, den ich selbst an der Nähmaschine zusammengetackert hatte.
Um den Rucksack aber wirklich produzieren zu lassen (in Portugal, faire Löhne, ihr wisst schon), brauchte ich eine Mindestbestellmenge von 300 Stück.

Kostenpunkt für Material und Produktion: 25.000 Euro.
Ich bin zur Bank gegangen.
Der Berater: „Herr Alex, netter Rucksack. Aber haben Sie schon Vorbestellungen?“
Ich: „Nein, ich brauche ja erst das Geld zum Produzieren.“
Berater: „Dann haben wir leider keine Sicherheiten. Kredit abgelehnt.“
Willkommen in der Realität. Aber ich wollte nicht aufgeben. Ein Kumpel meinte: „Mach doch Crowdfunding. Lass die Leute den Rucksack kaufen, BEVOR er existiert.“
Ich habe mich für Startnext entschieden, weil die Community dort Bock auf nachhaltige Themen hat.

Was ist Crowdfunding eigentlich? (Kurz für Dummies)

Beim „Reward-based Crowdfunding“ (so heißt das schlau) spenden die Leute kein Geld. Sie kaufen dein Produkt vorab.
Ich sage: „Gib mir 100 Euro, und wenn ich genug Geld zusammenhabe, kriegst du in 6 Monaten den ersten Rucksack.“
Das Geniale: Ich muss keinen Kredit mit Zinsen zurückzahlen. Ich liefere einfach Ware gegen Geld. Und wenn das Ziel nicht erreicht wird? Dann fließt kein Geld und ich habe kein Risiko (Alles-oder-Nichts-Prinzip).

Die Kampagne: Es ist verdammt harte Arbeit

Wer denkt, man stellt ein Projekt auf Startnext und das Geld regnet vom Himmel, der irrt sich gewaltig. Ich habe 4 Wochen lang fast nicht geschlafen.

1. Das Video ist alles

Auf Startnext guckt keiner lange Texte. Die Leute klicken auf das Video. Ich habe mit einem befreundeten Kameramann ein 2-Minuten-Video gedreht. Authentisch, ich in meiner Werkstatt, wie ich am Rucksack nähe. Ich habe meine Vision erklärt. Das muss „klicken“ beim Zuschauer.

2. Die „Dankeschöns“ (Rewards)

Man braucht nicht nur das Hauptprodukt. Ich habe verschiedene Stufen eingebaut:

  • 10 €: Ein virtuelles High-Five und Name auf der Website.
  • 25 €: Ein Schlüsselanhänger aus den Rucksack-Resten.
  • 99 €: Der „Early Bird“ Rucksack (limitiert auf 50 Stück).
  • 129 €: Der normale Rucksack.

3. Die Startphase

Startnext hat mir geraten: „Bring deine eigene Crowd mit.“
Das ist der wichtigste Tipp. Bevor die Kampagne online ging, habe ich alle meine Freunde, Familie und Instagram-Follower heiß gemacht.
Am Tag 1 muss es knallen. Wenn Fremde auf die Seite kommen und sehen „0 Euro finanziert“, spenden sie nicht. Wenn da steht „30% finanziert“, werden sie neugierig.
Ich habe meine Oma genötigt, als Erste zu kaufen. Kein Witz.

Der Nervenkrieg: Die 25.000 Euro Marke

Wir hatten 30 Tage Zeit.
Nach 10 Tagen hatten wir 12.000 Euro. Dann kam das „Tal der Tränen“. Eine Woche lang passierte fast nichts. Ich wurde nervös. Wenn wir die 25.000 Euro nicht knacken, kriegen wir gar nichts und das Geld geht zurück an die Unterstützer.
Ich habe dann Pressearbeit gemacht, lokale Blogs angeschrieben und Flyer in Cafés verteilt.
Drei Tage vor Schluss standen wir bei 22.000 Euro.
Dann hat ein bekannter Nachhaltigkeits-Blogger über uns berchtet. Bamm.
Am letzten Tag lief der Ticker heiß. Wir sind bei 28.400 Euro gelandet.

Wann kam das Geld?

Nach Ende der Laufzeit prüft Startnext alles. Die ziehen sich eine Provision (ca. 4 % Transaktionsgebühren + freiwillige Provision für die Plattform).
Etwa 14 Tage nach Projektende war das Geld auf meinem Konto.
Das ist wichtig zu wissen: Ihr habt das Geld nicht sofort am Tag 1, sondern erst ganz am Schluss. Plant das ein!

Mein Fazit als Designer

Startnext war für mich mehr als nur Geld. Es war ein Markttest.
Hätte niemand den Rucksack gekauft, hätte ich gewusst: Die Idee ist Mist (oder das Marketing). So wusste ich: 250 Leute wollen das Ding haben. Das ist viel wertvoller als jeder Bankkredit.

Vorteile:

  • Keine Schulden, keine Zinsen.
  • Marktforschung inklusive (Proof of Concept).
  • Man baut eine Community auf, die hinter einem steht.

Nachteile:

  • Extrem hoher Marketing-Aufwand.
  • Alles-oder-Nichts-Risiko.
  • Man steht öffentlich unter Druck, auch wirklich zu liefern (Verspätungen sind tödlich für den Ruf).

Wenn ihr eine Produktidee habt, probiert es. Aber unterschätzt nicht das Video. Das Video ist eure Visitenkarte.
Habt ihr schon mal was auf Startnext oder Kickstarter unterstützt? Und habt ihr eure Ware auch bekommen? Schreibt mal eure Horror- oder Erfolgsstories!